Die vierundzwanzig Stunden der Passion Unseres Herrn Jesus Christus

Die 24 Stunden des bitteren Leidens Unseres Herrn Jesus Christus von Luisa Piccarreta, der kleinen Tochter des Göttlichen Willens

Inhaltsverzeichnis

Einführung in die Stunden der Passion
Vorbereitung und Danksagung für jede Stunde
Erste Stunde: Von 17 bis 18 Uhr
Jesus nimmt Abschied von Seiner Heiligsten Mutter
Zweite Stunde: Von 18 bis 19 Uhr
Jesus verlässt Seine Heiligste Mutter und geht zum Zönakel
Dritte Stunde: Von 19 bis 20 Uhr
Das gesetzliche Abendmahl
Vierte Stunde: Von 20 bis 21 Uhr
Das eucharistische Mahl
Fünfte Stunde: Von 21 bis 22 Uhr
Erste Stunde der Todesangst Jesu am Ölberg
Sechste Stunde: Von 22 bis 23 Uhr
Zweite Stunde der Todesangst Jesu am Ölberg
Siebte Stunde: Von 23 bis Mitternacht
Dritte Stunde der Todesangst Jesu am Ölberg
Achte Stunde: Von Mitternacht bis 1 Uhr
Gefangennahme von Jesus im Garten Gethsemane
Neunte Stunde: Von 1 Uhr bis 2 Uhr
Jesus auf dem Weg zum Hohenpriester Annas ist in den Bach Cedron gestoßen
Zehnte Stunde: Von 2 Uhr bis 3 Uhr
Jesus von Annas verhört, beschimpft und ins Angesicht geschlagen
Elfte Stunde: Von 3 Uhr bis 4 Uhr
Jesus vor dem Gerichtshof des Kaiphas, fälschlich angeklagt und des Todes schuldig erklärt
Zwölfte Stunde: Von 4 Uhr bis 5 Uhr
Jesus dem Spott der Soldaten preisgegeben, mit Schmähungen und Beschimpfungen überhäuft
Dreizente Stunde: Von 5 Uhr bis 6 Uhr
Jesus im Kerker
Vierzehnte Stunde: Von 6 Uhr bis 7 Uhr
Jesus abermals vor Kaiphas und dann zu Pilatus geführt
Fünfzehnte Stunde: Von 7 Uhr bis 8 Uhr
Jesus im Gerichtshaus des Pilatus und am Hof des Herodes
Sechzehnte Stunde: Von 8 Uhr bis 9 Uhr
Jesus zu Pilatus zurückgekehrt, dem Barrabas nachgesetzt und gegeißelt
Siebzehnte Stunde: Von 9 Uhr bis 10 Uhr
Jesus mit Dornen gekrönt, verspottet und verhöhnt. Ecce Homo! Von Pilatus zum Tode verurteilt
Achtzehnte Stunde: Von 10 Uhr bis 11 Uhr
Jesus nimmt das Kreuz auf die Schulter. Gang auf den Kalvarienberg. Jesus fällt unter dem Kreuz und wird Seiner Kleider beraubt
Achtzehnte Stunde: Von 11 Uhr bis 12 Uhr
Jesus wird gekreuzigt

Zehnte Stunde: Von 2 Uhr bis 3 Uhr

Jesus von Annas verhört, beschimpft und ins Angesicht geschlagen

Vorbereitungsgebet für alle Leidensstunden

Jesus, mein göttlicher Wächter! Nun habe ich mich ein wenig dem Schlummer hingegeben. Da Du jedoch nicht allein und ohne mich bleiben willst, hast Du mich geweckt und lässt mich mit Dir im Hause des Annas zusammen sein.¹ Er fragt Dich nach Deiner Lehre und Deinen Jüngern. Und Du, o Jesus, öffnest Deinen heiligen Mund und sprichst mit würdevoller und klarer Stimme: „Ich habe öffentlich vor der Welt geredet, in der Synagoge und im Tempel gelehrt, Ich habe nichts im Verborgenen geredet. Frage jene, die Mich gehört haben. Die wissen, was Ich gesagt habe.”

Bei diesem würdevollen Auftreten staunen die Ratsherren. Aber die Ruchlosigkeit eines Dieners, der sich Annas gefällig zeigen will, ist so groß, dass er sich Dir nähert und Dir mit eiserner Faust einen solchen Schlag ins Gesicht versetzt, dass Du wankst und Dein Angesicht anschwillt.

Nun begreife ich, mein süßes Leben, warum Du mich geweckt hast. Du hattest recht. In der Tat, ich hätte Dich gehalten, als Du nahe daran warst umzufallen. Und Deine Feinde brechen in teuflisches Gelächter aus und klatschen johlend in die Hände bei dieser ungerechten Handlungsweise. Doch ich stütze Dich und erkläre mich bereit, mutig jedes Leid für Dich zu ertragen. Ich bemitleide Dich wegen dieser Beschimpfung. Im Verein mit Dir möchte ich Sühne leisten für so viele furchtsame Seelen, die sich so leicht einschüchtern lassen; für jene, die aus Menschenfurcht nicht die Wahrheit sagen; für solche, die es an der schuldigen Hochachtung Priestern gegenüber fehlen lassen, und für so viele Fehler, die durch Murren begangen werden.

Nun sehe ich, mein betrübter Jesus, dass Annas Dich zu Kaiphas schickt und Deine Feinde Dich die Treppe hinabstürzen. Und Du, meine Liebe, sühnst durch diesen Fall für jene, die sich zur Nachtzeit in Sündenschuld stürzen, wobei die Dunkelheit ihnen günstig ist. Du berufst zum Licht des Glaubens die Irrlehrer und Ungläubigen. – Auch ich will meine Sühnewerke mit den Deinen vereinigen. Bis Du im Hause des Kaiphas ankommst, sollen meine Seufzer Dich begleiten, um Dich gegen Deine Feinde zu verteidigen. Schlummere ich inzwischen wieder ein, dann stehe Du Schildwache bei mir. Wecke mich, wenn Deine Liebe Dich antreibt, mich wieder zu Dir zu rufen.

Erwägungen und praktische Übungen

von Hl. Pater Annibale Di Francia

Jesus, dem Hohenpriester Annas vorgestellt, wird von ihm über seine Lehre und seine Jünger ausgefragt. Um den Vater zu verherrlichen gibt er Antwort über seine Lehre, aber nicht über seine Jünger, um nicht gegen die Liebe zu verstoßen.

Sind wir unerschrocken und mutig, wenn es sich darum handelt, den Herrn zu verherrlichen, oder lassen wir uns von der Menschenfurcht besiegen? Immer sollen wir die Wahrheit sagen, auch vor Personen von hohem Rang.

Suchen wir in unseren Reden immer die Ehre Gottes? Ertragen wir alles mit Geduld wie Jesus, um den Herrn zu verherrlichen? Vermeiden wir es, vom Nächsten schlimm zu sprechen, und entschuldigen wir ihn, wenn andere so über ihn reden?

Jesus bewacht unser Herz. Bewachen auch wir das Herz Jesu, auf dass ihm keine Beleidigung zuteil wird, die wir nicht sühnen? Bewachen wir uns selbst in allem so, dass jeder unserer Gedanken, jeder Blick, jedes Wort, jede Neigung, jede Begierde, jeder Schlag unseres Herzens ebenso viele Wächter um Jesus bildet, die sein Herz behüten und alle Beleidigungen von ihm abwehren? Beten wir darum zu Jesus, dass er über jede unserer Handlungen und über unser eigenes Herz wache.

Jede Handlung, die wir in Gott verrichten, ist eine göttliche Lebensquelle, die sich in uns erschließt. Da wir sehr beschränkt sind, Gott aber unermesslich ist, so können wir Gott nicht in einem einfachen Akt aufnehmen. Vervielfältigen wir also unsere Akte, soweit es möglich ist, um auf diese Weise unser Erkenntnis und Liebesvermögen zu erweitern.

Wenn Jesus uns ruft, sind wir sofort bereit, seinem Ruf zu entsprechen? Der Ruf Gottes kann in verschiedener Weise erfolgen: mittels Einsprechungen, durch das Lesen guter Bücher, durch gutes Beispiel. Er kann sich aber auch im Gefühl bemerkbar machen durch den Zug seiner Gnade. Mit gewaltiger Stimme aber spricht er zu uns durch Naturkatastrophen.

Mein süßer Jesus! Deine Stimme ertöne stets in meinem Herzen. All das, was mich innerlich und äußerlich umgibt, sei ein beständiger Zuruf, Dich zu lieben. Der Wohllaut Deiner göttlichen Stimme möge mich stets hindern, auf eine menschliche Stimme zu hören, die mich zerstreut und von Dir ablenkt.

¹ Man beachte, dass die Einsiedler-Seele (Luisa) die Beschauung der verschiedenen Geheimnisse des Heilands zur Nachtzeit erfuhr, in der kurzer Schlaf mit der Passionsschau wechselte. Daraus kann man schließen, wie wohlgefällig dem Heiland Betrachtung und Gebet zur Nachtzeit sind. Während das Geräusch der Welt verstummt und ihre Bewohner schlafen, teilt sich die Gnade des Herrn reichlicher den bei ihm wachenden Seelen mit. Einstimmig loben die hl. Schriftsteller das nächtliche Gebet. „Um Mitternacht stand ich auf, Dich zu loben“ (Ps 118,62). Jesus selbst brachte ganze Nächte im Gebet zu, und nach Seinem Beispiel singen verschiedene Orden um Mitternacht die Metten. Wem das nicht möglich ist, der möge abends die gute Meinung machen, mit jedem Atemzug, mit jedem Herzschlag während der Nacht den Allerhöchsten zu loben und zu lieben. Wählen wir uns wenigstens hie und da eine nächtliche Stunde zum Gebet und bedenken wir, wie viele Kinder der Welt Stunden der Nacht irdischen Anliegen widmen und wie viele Nächte die Sünder wachen, um ihre Freveltaten auszuführen. Sollten die frommen Christen nicht hie und da eine Stunde der Nachtzeit dem Verkehr mit Gott widmen können, der sie für das Opfer der Nachtruhe reichlich mit geistlichen Gütern entschädigen wird?

Aufopferung und Danksagung